Meinung:
Lohnt sich auch noch im Jahr 2021 eine Klage gegen die PKV wegen einer fehlerhaften Begründung zu Beitragserhöhungen?
Grundsätzlich müssen wir nach fast vier Jahrzehnten als Interessenvertreter unserer Versicherten gegenüber der PKV festhalten, dass man von seiner Versicherung keine Geschenke erhält und dass die Rechte der Kunden gelegentlich mit Füßen getreten werden. Bestes Beispiel für diese doch starke Aussage ist das Verhalten der Versicherer zu den Rechten der Kunden bei der PKV-Tarifoptimierung gem. § 204 VVG mit dem entsprechenden Tarifwechsel. Dabei kommt es beim Tarifwechsel nicht mal so sehr auf die Durchsetzung der eigenen Rechtsansprüche, sondern vielmehr auf die intimen Kenntnisse des internen PKV-Tarifdschungels an.
Wer davon ausgeht nach einer unwirksamen Beitragserhöhung zu viel an die eigene PKV bezahlt zu haben und mit einem Widerspruch oder durch eine Klage Beiträge zurückfordern zu können, der findet schnell einen Rechtsanwalt und natürlich die BGH-Urteile IV ZR 314/19 und IV ZR 294/19. In diesem Fall raten wir als Versicherungsmakler unseren Kunden von einer Klage gegen die private Krankenversicherung ab. Im Kern raten wir von der Klage deshalb ab, da es sich bei der laufenden Klagewelle „nur“ um eine Formfrage und nicht darum handelt, ob die PKV die Beiträge wirklich richtig kalkuliert hat. Ein einfaches Musterschreiben reicht hier nicht aus, bei einer Klage entsteht ein erhebliches Kostenrisiko. Sollte man am Ende Recht erhalten, so hat die PKV doch die höheren Ausgaben gehabt und wird diese höheren Kosten dann ggf. bei späteren Beitragserhöhungen sozusagen „wieder nachträglich in Rechnung stellen“. Zusätzlich müssen Steuererklärungen, Beitragsrückerstattungen und die Höhe der Altersrückstellungen korrigiert werden.
In den o.g. BGH-Urteilen geht es um die inhaltlichen Anforderungen an die Mitteilungen zu PKV-Beitragsanpassungen und deren Wirksamkeit. Ausreichend ist es, wenn in dem Schreiben zur Beitragserhöhung die Rechnungsgrundlage genannt wird, die zur Überprüfung der Prämien geführt hat. Demnach sind als Rechnungsgrundlage z.B. die Versicherungsleistung und/oder die Sterbewahrscheinlichkeit zu nennen. Der konkrete Schwellenwert, der die Überprüfung der Prämien ausgelöst hat, ist hingegen nicht zu nennen. So gehen diverse PKVs davon aus, dass alle Beitragsanpassungen ab 2017 auch formell richtig sind und daher keine Rückzahlungsansprüche bestehen. Ältere Ansprüche aus den Jahren vor 2017 seien bereits verjährt, man beruft sich auf die Einrede nach §§ 195 und 199 BGB. Hinweis: Als Versicherungsmakler dürfen wir keine Rechtsberatung durchführen. Gem. BGH IVa ZR 190/83 sind wir aber treuhänderischer Sachwalter der Interessen unserer Kunden gegenüber der PKV.